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Was ist eigentlich Neurofeedback? Was versteht man unter Biofeedback? Und wie läuft eine Neurofeedback Sitzung eigentlich ab? - Ein Überblick über die wichtigsten Begriffe im Neurofeedback

13. Oktober 2023

Neurofeedback wird immer bekannter und viele Begriffe werden immer geläufiger. Aber was bedeuten diese eigentlich? Wir möchten euch die wichtigsten dieser Begriffe in diesem Blogbeitrag erklären. 


Was ist Neurofeedback?
Neurofeedback ist ein computergestütztes Therapieverfahren für den klinischen Einsatz, bei welchem ausgewählte Parameter der eigenen Gehirnaktivität wahrnehmbar gemacht werden. Dazu werden an der Kopfoberfläche Gehirnströme in Echtzeit gemessen (Neuro), die eine audiovisuelle Animation, oft einem Computerspiel ähnlich beeinflussen (Feedback). Neurofeedback ist wie eine Art Spiegel für das Gehirn. Das direkte Feedback auf Basis erprobter Behandlungsprotokolle und Elektrodenpositionen zielt darauf ab,  die Selbstregulierungsfähigkeit des Gehirns zu verbessern. Auf diese Weise können Symptome von Erkrankungen gelindert werden.
 

Was ist Biofeedback?
Beim Biofeedback werden periphere physiologische Parameter gemessen und als Feedback auf den Bildschirm zurückgemeldet. Die Parameter können beispielsweise die Atmung, die Herzratenvariabilität oder der Hautleitwert sein. Durch das Feedback können Rückschlüsse auf das aktuelle Stresslevel des Patienten gezogen werden. Biofeedback kann in der Therapie von psychischen und physischen Krankheiten, als auch im Leistungs- und Konzentrationstraining eingesetzt werden. Vor allem beim symptombasierten ILF - Neurofeedback, kann Biofeedback eine gute Ergänzung darstellen. Vor allem für Patienten, welche die Veränderung ihres Stress- oder Entspannungszustand nicht gut wahrnehmen oder verbalisieren können, stellt Biofeedback eine Möglichkeit dar, die Veränderungen besser wahrzunehmen und zu erleben. Auch für Therapeuten kann dies Vorteile bringen. So kann skeptischen Patienten der Zusammenhang zwischen Psyche und Physiologie sichtbar gemacht werden. Außerdem können Therapeuten Anzeichen für Stress und Entspannung ableiten und die Therapie entsprechend optimieren.

Wie funktioniert die Selbstregulierung im Neurofeedback?
Beim Neurofeedback wird die Selbstregulierungsfähigkeit des Gehirns trainiert. Dazu werden an der Kopfoberfläche EEG-Signale abgeleitet. Auf Basis einer gründlichen Erhebung der Symptome der zu behandelnden Person, werden bestimmte Frequenzbereiche der Gehirnaktivität gemessen und ausgewertet, um in Echtzeit das Feedback in Form einer Animation auf einem Bildschirm zu steuern. Das Gehirn „erkennt“, dass es die Animation beeinflussen kann und das Bild zum Beispiel klarer und schärfer wird oder die Musik lauter und leiser. Durch diesen kontinuierlichen Prozess können die behandelten Personen lernen ihre Selbstregulationsfähigkeit zu verbessern. Insbesondere bei psychischen Erkrankungen können so oftmals damit verbundene begleitende Stresssymptome, Schlafstörungen oder Störungen des Aufmerksamkeits- und Konzentrationsspektrums deutlich verbessert werden. Wichtig zu wissen ist, dass es keine optimale Frequenz gibt, die für jede Person gleich ist. Stattdessen ist die optimale Frequenz sehr individuell und hängt sowohl von der Person als auch von der gegebenen Situation ab. Durch die Selbstregulierung lernt das Gehirn, die für sich optimale Erregungsfrequenz zu finden, um Über- und Untererregung, sowie damit einhergehende Symptome zu vermeiden.
 

Herzrate und Herzratenvariabilität im Biofeedback
Der Puls ist ein biologischer Parameter, der sich je nach äußerlichen und inneren Anforderungen verändert. Nicht nur ein gleichmäßiger Puls, sondern auch die Anpassungsfähigkeit der Herzrate an verschiedene Anforderungen - die sogenannten Herzratenvariabilität (HRV) -  ist ein zentraler Parameter im Biofeedback. 
Als Herzratenvariabilität wird die Variation des zeitlichen Abstands zweier Herzschläge bezeichnet (auch: beat to beat intervall). Diese ist in Zeiten der Entspannung länger als bei körperlichen oder emotionalen Stress. Eine hohe Herzratenvariabilität spricht für eine gute (periphere) Selbstregulation, denn sie indiziert, dass der Organismus die Herzrate je nach Anforderungen anpassen kann und die optimale Frequenz für die jeweilige Situation findet. Eine niedrige Herzratenvariabilität hängt oft mit einem Problemen im Umgang mit stressvollen Situationen, Erinnerungen oder Stress im Allgemeinen zusammen. 
Gerade bei Patienten mit Angststörungen, Depressionen oder chronischen Schmerzen kann ein Biofeedback mit dem Training der Herzratenvariabilität hilfreich sein. Oft ist diesen Patienten die Verbindung zwischen ihren emotionalen Belastungen und den körperlichen Reaktionen nicht bewusst und die Wahrnehmung des eigenen Körpers funktioniert nicht gut, da sie dauerhaft einen sehr hohen Stresslevel haben. Hier zu trainieren, zentrale Parameter wie Herzschlag und Atmung wahrzunehmen, zu beeinflussen, zu synchronisieren und so das allgemeine Stressniveau zu senken, kann in der Therapie ein Schlüsselerlebnis darstellen und den Patienten vor Augen führen, dass sie durchaus Kontrolle über ihren körperlichen und psychischen Zustand haben.


Die Atmung im Biofeedback
Sie kennen sicher den Tipp, den Laien-Literatur und Großmütter gerne immer dann geben, wenn jemand gestresst ist: Dreimal tief durchatmen. Hilft das wirklich? Ein kleines Experiment: Legen Sie Ihre Hand auf den Bauch. Atmen Sie tief in Ihren Bauch ein, spüren Sie, wie die Hand sich hebt, wie sich ihr Bauch wölbt, halten Sie, wenn der Bauch maximal gewölbt ist, kurz die Luft an und atmen Sie dann langsam und gleichmäßig wieder aus. Spüren Sie, wie die Luft erst aus dem Bauch und dann aus den Spitzen der Lungen, über die beiden Lungenflügel und die Atemwege nach draußen strömt. Wiederholen Sie dies dreimal. Was fällt Ihnen auf? Wie führen Sie sich? Wie hat sich ihr Herzschlag verändert? 
Der Herzschlag?! Genau - Atmung und Herzschlag hängen physiologisch eng miteinander zusammen. In einem entspannten Zustand korrelieren Herz- und Atemrate, dies nennen wir auch “respiratorische Sinusarrhythmie”. Beim Einatmen wird die Herzrate dabei höher, das sympathische Nervensystem wird aktiviert und beim Ausatmen wird die Herzrate niedriger, das parasympathische Nervensystem wird aktiviert. In Stresssituationen dreimal tief ein und aus zu atmen kann so dabei helfen, nicht nur bessere Bewusstsein und Kontrolle über die eigene Atmung zu erlangen, sondern in der Folge auch die Korrelation von Atmung und Herzschlag zu synchronisieren. 
 

Was ist eigentlich der Hautleitwert?
Die Haut auf unserer Handfläche ist durch besonders viele Schweißdrüsen gekennzeichnet. Bei hohem Stress steigt auch die Drüsenaktivität schnell an. Da es sich bei Schweiß um eine salzhaltige Flüssigkeit handelt, steigt der Hautleitwert dadurch an. Gemessen wird dies durch zwei Elektroden an den Fingern. Bei gesunden Menschen ist der Hautleitwert im Ruhezustand konstant und niedrig. Wenn der Hautleitwert durch die Präsentation eines Stressors ansteigt, erreicht dieser gewöhnlich nach 1 - 2 Minuten wieder seinen Ausgangswert. Bleibt der Wert lange auf hohem Niveau, deutet dies auf Probleme mit der emotionalen Regulierung hin. Schwankungen ohne ersichtlichen Grund können ein Hinweis darauf sein, dass selbst eigentlich neutrale Reize stressig empfunden werden. Da der Hautleitwert schnell auf stressvolle Reize anspringt und einfach zu messen ist, eignet er sich in der Therapie besonders gut als psychophysiologischer Spiegel - und gibt den Wechsel von An- und Entspannung wieder. Er kann aber auch als Unterstützung im Entspannungstraining oder beim Erlernen verschiedener Entspannungstechniken eingesetzt werden.

Die Körpertemperatur im Biofeedback
Die Temperatur wird in der Regel über einen Sensor am Finger gemessen. In einem entspannten Zustand entspannt sich in der Regel auch die glatte Muskulatur in den Wänden der Blutgefäße, was dazu führt, dass mehr Blut in die Extremitäten fließt - wir erkennen das häufig daran, dass sich ein Wärmegefühl in den Händen einstellt. Eine einsetzende Entspannung geht also mit einer Erhöhung der Temperatur in den Extremitäten einher. Unter Stress oder Anspannung zieht sich die Muskulatur in den Gefäßwänden zusammen, die Gefäße werden enger und weniger Blut gelangt in die Extremitäten und es kommt oft zu einem Absinken der Körpertemperatur. Die Körpertemperatur reagiert dabei meistens etwas verzögert, von Beginn der Stressreaktion bis zu einem Absinken der Körpertemperatur in den Extremitäten können durchaus 1-2 Minuten vergehen. Die Körpertemperatur Hautleitwert kann in der Therapie beispielsweise eingesetzt werden, um den Einfluss von Gedanken und Vorstellungen auf die Physiologie zu demonstrieren, manchen Patienten gelingt es nämlich durch die Vorstellung von Wärme/Kälte eine Veränderung der Temperatur zu erreichen, und auch im Entspannungstraining kann die Körpertemperatur eine Rolle spielen. 

Die Kombination von Bio- und Neurofeedback
Beim symptombasierten Infra Low Frequency (ILF) Neurofeedback sind die Symptome und die Zustandsänderungen des Patienten die zentralen Komponenten. Viele dieser Symptome beziehen sich ebenfalls auf Korrelate von Stress und Entspannung. Die Hinzunahme von Biofeedback Parametern kann entsprechend eine sinnvolle Ergänzung für ILF Neurofeedback darstellen. So wird es für Patient und Therapeut möglich, auch die physiologischen Korrelate der Zustandsänderungen in die Therapie einzubeziehen. Patienten, die Veränderungen in ihrem Stress - und Entspannungszustand nicht gut wahrnehmen oder verbalisieren können, erhalten darüber eine weitere Möglichkeit, Veränderungen durch das Neurofeedback nachzuvollziehen und zu erleben. Auch Veränderungen, die teilweise unter der Wahrnehmungsschwelle liegen, können durch die Messung peripherer Signale sichtbar gemacht werden und Eingang in die Therapie finden. Bei skeptischen oder angespannten Patienten kann der Einbezug der Biofeedback Parameter im Sinne der Psychoedukation auch dabei helfen, die Verbindung von Psyche und Physiologie sicht- und erlebbar zu machen, den Patienten das Setting mit Elektroden näher zu bringen und die mögliche Angst vor Veränderungen durch die Therapie schrittweise zu nehmen, um de Patienten so sanft an Neurofeedback heranzuführen. Der Therapeut kann in den physiologischen Parametern Anzeichen für Stress und Entspannung ableiten und entsprechend die Therapie optimieren, beispielsweise durch eine Frequenzänderung.

Was ist Alpha-Theta Neurofeedback/ Synchronie-Training?
Bei Alpha-Theta Neurofeedback und Synchronie-Training handelt es sich um zwei spezielle Arten des Neurofeedbacks. Beim Alpha-Theta Neurofeedback geht es vor allem darum, kortikale Aktivität zu beruhigen und physisch wie psychisch besser “runterfahren” zu können. Das Synchronie-Training bezeichnen wir gerne als “Achtsamkeitstraining” geleitet von der eigenen Gehirnaktivität. Beide Verfahren ergänzen ideal das ILF Neurofeedback und kommen vor allem bei Posttraumatischen Belastungsstörungen, Angst- und Schlafstörungen aber auch im Peak Performance zum Einsatz.